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Container – Symbolkraft für die Globalisierung

Gastartikel, Info 05.09.2017

Die Digitalisierung der Welt macht auch vor den Weltmeeren nicht Halt. Die technischen Innovationen halten seit einiger Zeit auch die Branche der Reeder in Atem. Die Globalisierung ist der Motor. Kaum ein Gegenstand könnte für diesen Prozess mehr Symbolkraft haben als der Container.


Noch ist man sich unter den Reedern uneins, wohin die Reise des altgedienten und lieb gewonnenen Frachtbehälters gehen wird. Sicher ist: Nichts wird auch bei der Verschiffung von Waren so bleiben wie es ist. Dies kann je nach Sichtweise und Handlungskonzept beides bedeuten: Gefahr einer Krise oder neue Chancen durch Wandel. Quo vadis, Container?

Stürmischen Zeiten für eine alte Kiste

Neue Technologien scheinen das Reedergeschäft zu gefährden: So reduziert allein die Technik des 3-D-Druckens die weltweiten Warenströme. Was früher transportiert werden musste, wird mehr und mehr vor Ort leichter und preiswerter produzierbar sein. Auch drängen neue Konkurrenten auf den Reedereimarkt: Amazon und Co. denken nicht nur über Auslieferdrohnen nach. Sie werden auch die Weltmeere mit eigenen Linien für den Versand ihrer Produkte erobern (siehe hierzu Reederstudie 2017 von PWC).

Gleichzeitig gibt es Branchen, die so schnelllebig geworden sind, dass der Transport zu See zu lange dauert: In der Modewelt ist etwa eine bestellte Ware in einer bestimmten Farbe bei Ankunft am Bestimmungsort schon nicht mehr angesagt.

Gleichzeitig ermöglichen Spezialcontainer, etwa mit Kühltechnologie, den rentablen weltweiten Transport von Waren in die ganze Welt.
Daher sehen die meisten Experten die Zukunft des dennoch Containers rosig: Diese universelle Warenverpackung aus Stahl wird es immer geben. Da ist sich auch Bart Kuipers, Berater für Seelogistik von der Erasmus Universität Rotterdam, ganz sicher. Aber er nennt zugleich Bedingungen für ein Weiterbestehen des Containers: „Er wird sich den neuen Entwicklungen anpassen.“ Waren es zunächst alle Faktoren rund um den genormten Stahlkarton, die sich wandelten, wird jetzt auch am Container selbst getüftelt. Zwei Beispiele:

1. Innovation durch neues Material
2. Digitalisierung des Containers selbst

Die erstgenannte Veränderung durch neue Materialien wirkt zunächst unspektakulär. Der Stahlcontainer bestand traditionell nämlich nicht nur aus dem gehärteten Metall: Der Boden der meisten 25 bis 30 Millionen Container weltweit war und ist aus Holz. Genauer: 28 Millimeter Sperrholz bilden den Boden des Containers. Stand 2015 gab es bereits fast 15.000 Container vom Typus „Steel Floor“. Die Innovation: Statt aus Holz bauen die Konstrukteure von Hapag-Lloyd die Containerböden aus gesicktem Stahl. Durch eingefügte Rinnen kann leichter Stahl hohe Steifigkeit erlangen. Man kennt das von einem Bastelexperiment: Normales Papier ist kein gutes Material für das Tragen von Lasten. Wird es aber rinnenförmig gefaltet, kann es erstaunlich stabil sein. Der Stahlboden bietet gegenüber Holz einige überraschende Vorteile:

– Gewichtsersparnis (ca. 150 Kilogramm pro Container)
– Langlebigkeit (bis zu 20 Jahren Haltbarkeit statt der durchschnittlich heutigen 10 Jahre)
– Hygiene (besserer Schutz vor Feuchtigkeit und keine Insektizide für Fäulnisschutz mehr notwendig)

Die zweite Innovation ist die konsequente Anwendung von digitaler Technik aus der Transportlogistik auf den Container selbst. Durch kleine, platzsparende und energieautarke Elektronik wird der Container selbst programmierbar: Er weiß dann in Zukunft selber, wo er herkommt, wo er hinmuss und was er an Ladung enthält.

Eine Erfolgsgeschichte aus Stahl

Es war der Brite Malcolm MacLean, der mit normierten Containern Ordnung in eine unordentliche Branche brachte. Davor waren Schiffsbelader viele Jahrzehnte mit den gleichen Problemen konfrontiert, dass jede Familie vor dem Jahresurlaub in sehr viel kleinerer Dimension auch hat, wenn sie den Kofferraum ihres Autos belädt:

– Wie bringt man verschiedenste Frachtstücke mit unterschiedlichsten Formaten und Gewichten auf begrenztem Raum sicher unter?
– Was lädt man zuerst, was zuletzt?
– Wie bekommt man Stabilität bei solch heterogener Ladung?

Die Normcontainer mit einer Länge 20 Fuß waren ein Segen. Und sie hatte Folgen für das gesamte Transportwesen. Alle Zulieferfahrzeuge wie Lastwagen und Züge wurden auf die neue Universalschachtel ausgerichtet. Weltweit kam es zu einer Normierung der Schiffbeladungstechnologie. Mit standardisierten Ladekränen konnten Container in der ganzen Welt auf und von Schiffen geladen werden. Die Vorteile liegen auf der Hand:

– kürzere Be- und Entladezeiten
– größeres mögliches Warenspektrum z.B. durch Kühlcontainer
– mehr Ladekapazität pro Schiff

Es entstand folgerichtig ein neuer Schiffstyp: Das Containerschiff. Diese wurden so groß dimensioniert, dass sie manche Häfen gar nicht mehr direkt anlaufen konnten. Auf Reede in Sichtweise namhafter Häfen werden diese riesigen Containerschiffe im Stundentakt von Ladeschiffen ent- und beladen. Ein letzter Rest Hafenromantik wird dem Termindruck geopfert: Die Besatzung dieser Frachter, manchmal sind es weniger als 20 Mann, hat weder Gelegenheit noch die Zeit, das angesteuerte ferne Land überhaupt zu betreten. Die Normierung war der Schlüssel. Und auf den 20-Fuß-Normcontainer folgte bald die 40 Fuß Variante, welche heute vorwiegend die Weltmeere dominiert. Doch die Standardmaße von 40 bzw.- 20 Fuß reichen heute nicht aus. Zudem werden auch zunehmend individuelle Größen hergestellt, und auch ein ausgedehnter Gebrauchtcontainermarkt ist entstanden.

Ein vielseitiger Tausendsassa – der Container auf Abwegen

Doch nicht nur die Größe ist variabel. Durch neue Innovationen und Inhalte verlässt der klassische Seecontainer zum Teil dauerhaft das Meer und erfüllt neue Missionen an Land. Als mobile Raumlösung ist er jetzt schon im Einsatz:

– Arbeitsstützpunkt und Schlafplatz für Handwerker auf Großbaustellen
– Unterbringung von Flüchtlingen
– Wohnraum für Studenten

Die schnelle Verfügbarkeit, die leichte Transportierfähigkeit und Möglichkeit des Stapelns machen die Container zu immer häufiger sichtbaren Raumlösungen.
Ein Ende ist hier nicht abzusehen: Spezielle Ausführungen dienen als Labore, Spezialräume und sterilisierbare OP-Lazarette im mobilen weltweitem Einsatz. Dies ist oft in extremen Bedingungen in Drittweltländern die einzige Möglichkeit für schnelle und effektive technische und humanitäre Hilfe. Bart Kuipers sagt schon seit Jahren: Der Container ist und bleibt „die Erfindung des Jahrhunderts“. Dieser Siegeszug der normierten Stahlkiste scheint sich auch im laufenden Jahrhundert vielfältig weiter fortzusetzen.

Bild Quelle: Flickr, „Herr Herrner“

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