Autonomes Fahren auf dem Vormarsch: Warum es künftig mehr fahrerlose Fahrzeuge geben könnte
Mehr als 58 Millionen zugelassene Kraftfahrzeuge (Kfz) tummeln sich auf Deutschlands Straßen – Tendenz weiter steigend. Diese Zahlen legt das Kraftfahrt-Bundesamt offen. Knapp 48 Millionen davon sind Personenkraftwagen (Pkw). Mehr als jeder zweite deutsche Bürger besitzt also bereits einen Pkw – manche sogar mehrere. Daneben ist Deutschland auch ein Land der Lastkraftwagen und Nutzfahrzeuge. Und manche davon legen mittlerweile Strecken fahrerlos zurück. Welches große Potential in dieser Entwicklung steckt und warum speziell Lkw für Deutschlands Wirtschaft und Logistik so wichtig sind, verrät der folgende Artikel.
Vollautomatisiertes Fahren bereits möglich
Ganz egal, ob in Kult-Serien wie „Knight Rider“ oder in Science-Fiction-Streifen wie „Minority Report“: Auf die Leinwand haben es selbstfahrende Autos schon länger geschafft. Und laut so manchen Prognosen von vor zehn oder zwanzig Jahren sollten auch wir schon längst in solch futuristischen, smarten Karossen sitzen. Doch sowohl die Technik als auch die Gesetzgebung ließen dies lange Zeit noch nicht zu. Im Mai 2021 wurde nun ein Gesetz im Bundestag verabschiedet, welches es Kraftfahrzeugen der sogenannten „Stufe vier“ ermöglicht, die Straßen zu erobern. Dieses vierte Level definiert der ADAC als „vollautomatisiertes Fahren“: Hierbei kann der Fahrer die Fahrzeugführung in bestimmten Situationen bereits komplett an das Auto abgeben und wird zum stillen Passagier – zum Beispiel auf Autobahnen oder im Parkhaus. Während das Fahrzeug also weiter in Bewegung ist, können Passagiere einen Blick in die Zeitung werfen oder telefonieren. Wichtig: Das System erkennt seine Grenzen selbst und kann somit nur dann vollautomatisiert fahren, wenn auch die Gegebenheiten hierfür passen.
Technik schreitet weiter voran
Derzeit arbeiten Ingenieure akribisch daran, dass sich die Pkw-Branche hin zur Stufe fünf entwickelt. Dabei könnten Autos dann auch längere Fahrten ganz ohne Insassen bewerkstelligen oder Passagiere an Bord haben, die den Wagen selbst nicht mehr steuern. Die Technik des Autos wird dann bereits so ausgeklügelt sein, dass dieses alle Verkehrssituationen selbstständig bewältigt. Und das wäre durchaus wünschenswert, denn autonomes Fahren bringt einige Vorteile mit sich: So könnten etwa ältere oder leistungseingeschränkte Menschen von selbstfahrenden Wagen profitieren. Automatisierte Busse oder Taxis könnten wiederum den verkehrstechnisch oft benachteiligten ländlichen Raum aufwerten. Wie bei allem, das heutzutage automatisiert wird, könnten außerdem Ressourcen gespart und Leerfahrten vermieden werden, was letztendlich auch der Umwelt zugutekäme. Auch die Unfallzahlen könnten sinken – schließlich liegt etlichen Zusammenstößen menschliches Versagen zugrunde. Doch auch wenn der Wettbewerb um die beste Technologie für selbstfahrende Autos weltweit voll entbrannt ist und automatisierte Lösungen weiter zunehmen, so wird es laut Experten noch ein paar Jahrzehnte dauern, bis wir wirklich in einer Karosse sitzen, die uns selbstständig zu unserer Wunschdestination befördert. Doch es gibt einen Bereich, in dem selbstfahrende Fahrzeuge schon einen weitaus höheren Stellenwert haben: Deutschlands Logistik.
Deutschland setzt auf eine große Lkw-Flotte
Wer sich mit der deutschen Logistik beschäftigen will, sollte zunächst einen Blick in die Statistik werfen: Wie viele Lkw sind es überhaupt, die hierzulande im Einsatz sind? 3,4 Millionen lautet die Antwort, die das Kraftfahrt-Bundesamt parat hat. Und diese sind überaus wichtig, denn die meisten Waren werden in Deutschland nach wir vor mit dem Lkw zu ihrem finalen Bestimmungsort gebracht. Andere Transportmittel wie Eisenbahn, Schiff oder Flugzeug transportieren weitaus weniger Güter von A nach B. 2018 führten Lkw als wichtigste Nutzfahrzeuge so in Summe 263,7 Millionen sogenannte Lastfahrten durch, wobei knapp 24 Milliarden Kilometer zurückgelegt wurden. Lkw sind also extrem wichtig – und manche davon brauchen nicht einmal mehr eine Person, die sie steuert. Ein Grund, warum die Entwicklung hier schneller vonstattengehen zu scheint, als bei Privatautos, ist die Kosten-Nutzen-Rechnung. Sie geht bei automatisierten Lösungen für Nutzfahrzeuge möglicherweise leichter auf. Denn während Autonomie bei privaten Pkw meist nach wie vor ausschließlich mit Bequemlichkeit in Verbindung gebracht wird, so geht es in der Wirtschaft um Kosteneinsparungen und Leistungssteigerung. Also um knallharte Fakten. Außerdem sind Lkw-Fahrer in Deutschland schwer zu finden – wer allerdings eine automatisierte Flotte hat, braucht sich als Chef darüber keine Gedanken mehr machen. Deshalb feilen Lkw-Hersteller heutzutage zum Beispiel an der Platooning-Technik. Dabei werden einzelne Lkw aneinandergekoppelt und ergeben so einen längeren Zug. Im ersten Truck sitzt derzeit noch ein Mensch, der die Kolonne steuert, die weiteren Fahrzeuge folgen ihm selbstständig.
Lagerlogistik, Bergbau, Flughafen: Pilotprojekte wurden weltweit gestartet
In puncto Automatisierung geht es allerdings nicht zwingend um weite Strecken, sondern Maschinen können mittlerweile Regale selbstständig ein- und ausräumen und so den menschlichen Arbeitskräften unter die Arme greifen. Gesamtlösungen für die Regalbedienung oder für die Beförderung schwerer Lasten werden entwickelt. Eine automatisierte Intralogistik ist somit längst keine Zukunftsmusik mehr und verschafft den Unternehmen mehr Tempo und Kosteneffizienz. Damit dies reibungslos funktioniert, muss die im Lager verwendete Hard- und Software einwandfrei zusammenspielen.
Doch auch im Bereich der Logistik geht die Entwicklung weiter: Transporter könnten sich künftig außerdem autonom innerhalb von Firmenarealen, Häfen oder Logistikzentren bewegen und so etwa Rohstoffe zur Produktion bringen oder fertige Produkte zu Lagerhallen oder Containern. Ein paar solcher Zukunftsvisionen sind bereits Realität, wie die folgenden Beispiele zeigen:
– 2019 wurde in Schweden der Einride T-Pod für den Straßenverkehr zugelassen. Es handelt sich dabei um den ersten fahrerlosen Truck ohne Fahrerkabine. Er pendelt zwischen zwei Lagerhallen hin und her.
-Am Hamburger Hafen wurde das Projekt „Hamburg TruckPilot“ gestartet. Zwei autonome Trucks der Firma fuhren selbstständig vom Check-Gate des Terminals Altenwerder bis zum Containerumschlag und haben alle Tests erfolgreich bestanden.
-In Norwegen hat ein Bergbauunternehmen sechs autonome Trucks im Einsatz, die selbstständig eine Strecke von fünf Kilometern zurücklegen.
-Der Paketdienst Fedex setzt in den USA auf einen autonomen Sattelschlepper, der auf der Interstate 45 zwischen Houston und Dallas verkehrt. Lediglich ein Sicherheitsfahrer ist noch an Bord.
-Der Flughafen Frankfurt testet auf einem stillgelegten Landeplatz Trucks für einen automatisierten Winterdienst. Nur im vordersten Lkw der Kolonne sitzt noch ein Fahrer.
Fazit: Die Menschheit entwickelt sich stetig weiter – und die Entwicklung macht auch vor dem großen Thema Mobilität nicht Halt. Mittlerweile wurden bereits Gesetze für automatisiertes Fahren erlassen und so manche Innovation revolutioniert schon im Kleinen Unternehmensprozesse aller Art. Es wird aber noch weitere Technikverbesserungen brauchen, damit autonomes Fahren auch im großen Stil Realität wird. Und es wird sich vorerst nur dort durchsetzen, wo sich damit auch ein großer Nutzen ergibt. Es bleibt also spannend.
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